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Defizite, Personalmangel, Digitalisierung: Wohin steuern unsere Spitäler?

Autorenbild: ignatius oundeignatius ounde




Bald werden die Jahresberichte und Rechnungen der Spitäler veröffentlicht, und eines ist schon jetzt klar: Kaum ein Spital kommt ohne Defizit davon. Die Lage ist ernst. Steigende Kosten, schrumpfende Budgets und ein wachsender Pflegebedarf setzen das Gesundheitswesen unter Druck.

Eine aktuelle Analyse zeigt, dass im Jahr 2023 nur 14 von 48 untersuchten Spitälern in der Schweiz einen Gewinn erwirtschaften konnten. Das bedeutet, dass rund 70 % mit einem Defizit arbeiten. Hochgerechnet ergibt sich ein nationales Defizit von etwa einer Milliarde Franken. Diese Zahlen verdeutlichen den dringenden Reformbedarf in der Finanzierung des Gesundheitswesens. Die steigenden Personalkosten sind eine der grössten finanziellen Belastungen. Laut der KPMG-Studie "Clarity on Healthcare 2024" sind diese im Jahr 2023 um 8 % gestiegen – der höchste Anstieg seit 2019. Dennoch gibt es bereits erfolgreiche Ansätze zur Effizienzsteigerung. Digitale Prozesse und moderne Managementmethoden helfen, Verwaltungskosten zu senken und mehr Mittel direkt in die Pflege zu lenken. Der Wandel ist langsam, aber er zeigt bereits erste Erfolge.


Chance für neue Versorgungsmodelle


Die Schweizer Gesellschaft altert rasant. Bis 2030 wird jede dritte Person über 65 Jahre alt sein. Dies erfordert eine Anpassung der Versorgungsmodelle und eine gezielte Förderung von Pflegekräften. Laut dem Schweizerischen Gesundheitsobservatorium (Obsan) werden bis dahin rund 65.000 zusätzliche Pflegefachkräfte benötigt.

Viele Institutionen sehen darin eine Chance und setzen auf flexible Arbeitsmodelle, verstärkte Weiterbildungsangebote und innovative Technologien. Erfolgreiche Programme, etwa im Pflegezentrum Lindenfeld im Kanton Aargau, zeigen bereits, dass solche Massnahmen die Fluktuation senken und die Zufriedenheit der Mitarbeitenden erhöhen können.


Fortschritte bei der Pflegeinitiative – aber noch viel zu tun


Drei Jahre nach der Annahme der Pflegeinitiative gibt es erste Fortschritte:

  1. Die Anzahl der Ausbildungsplätze für Pflegekräfte wurde in mehreren Kantonen erhöht.

  2. Neue Förderprogramme für Berufsrückkehrer:innen zeigen erste positive Effekte.

  3. Die Digitalisierung trägt dazu bei, administrative Prozesse zu vereinfachen und Pflegekräfte zu entlasten.

Dennoch gibt es weiterhin Herausforderungen, insbesondere bei finanziellen Anreizen und dem Abbau von Bürokratie. Eine koordinierte Strategie und gezielte Investitionen könnten langfristig zu besseren Arbeitsbedingungen führen.


Das elektronische Patientendossier (EPD): Ein Schlüssel zur Digitalisierung



Die Digitalisierung im Gesundheitswesen bietet enormes Potenzial zur Effizienzsteigerung. Ein zentrales Element ist das elektronische Patientendossier (EPD), das helfen kann:

✔ Doppelte Dokumentationen zu vermeiden

✔ Die interdisziplinäre Zusammenarbeit zu verbessern

✔ Pflegeprozesse effizienter zu gestalten

Bisher ist die Umsetzung des EPD in der Schweiz noch nicht flächendeckend erfolgt. Pilotprojekte zeigen jedoch, dass eine verbesserte Integration und gezielte Schulungen die Akzeptanz erhöhen können. Ein durchgängig digitalisierter Prozess würde Wartezeiten verkürzen und die Behandlungsqualität erhöhen.

Ein konkretes Beispiel: Aktuell durchläuft eine Patientin mit Kniebeschwerden oft eine langwierige Odyssee von der Hausarztpraxis über Röntgen-, CT- oder MRT-Untersuchungen bis hin zur Facharzt- und Spitalbehandlung. Alle relevanten Informationen werden mehrfach angefordert und verzögern den Prozess. Mit einer funktionierenden digitalen Patientenakte könnte diese Behandlungskette drastisch verkürzt werden – von mehreren Monaten auf wenige Wochen.

Statt zwei Monate lang auf Briefe, Rückrufe und erneute Überweisungen zu warten und währenddessen täglich Brufen zu schlucken, könnte der gesamte Behandlungsprozess mit einem effizienten digitalen System in weniger als zwei Wochen abgeschlossen sein. Dies würde nicht nur die Patientenzufriedenheit erhöhen, sondern auch unnötige Medikamenteneinnahme und Kosten reduzieren.


Lösungsansätze für eine nachhaltige Pflegezukunft


Um die Pflege langfristig zu stärken, sind folgende Massnahmen entscheidend:

  1. Attraktivere Arbeitsbedingungen: Flexible Arbeitszeiten, bessere Weiterbildungsmöglichkeiten und klare Karrierepfade können dazu beitragen, Pflegekräfte langfristig im Beruf zu halten. Erste Programme in der Schweiz zeigen vielversprechende Erfolge.

  2. Gezielte Digitalisierung: Moderne Technologien wie automatisierte Patientenverwaltungssysteme und digitale Dokumentation können Pflegekräfte entlasten und die Versorgungsqualität verbessern. Erfolgreiche Modelle aus anderen Ländern zeigen, dass solche Investitionen langfristig sowohl Kosten senken als auch die Effizienz steigern. 

  3. Optimierung der Pflegefinanzierung: Eine gezielte Abgabe von 0,3 % auf alle Löhne könnte einen festen Fonds schaffen, um bessere Löhne und Arbeitsbedingungen im Pflegebereich zu finanzieren.


Eine zukunftsfähige Gesundheitsversorgung ist möglich



Die Schweizer Spitäler stehen an einem entscheidenden Punkt. Während der Pflegebedarf bis 2030 um 45 % steigen wird, zeigen innovative Projekte und gezielte Reformen, dass positive Veränderungen möglich sind. Erfolgreiche Pilotprojekte, digitale Innovationen und eine stärkere politische Unterstützung könnten dazu beitragen, das Gesundheitssystem nachhaltig zu gestalten.

Mit der richtigen Strategie, Investitionen in die Pflegefinanzierung und einer verstärkten Digitalisierung kann die Schweiz ein stabiles und zukunftssicheres Gesundheitswesen schaffen. Dazu braucht es Mut, Offenheit und eine klare Vision – denn Spitäler, die sich nicht anpassen, laufen Gefahr, obsolet zu werden.


Was kann jede:r Einzelne tun, um das Gesundheitswesen zukunftsfähig zu machen?


Welche Reformen sind Ihrer Meinung nach dringend erforderlich?


Welche innovativen Ansätze haben Sie bereits erlebt?

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