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Pflege ist Teamarbeit – und manchmal auch ein Charakterspiel

  • Autorenbild: ignatius ounde
    ignatius ounde
  • 5. Mai
  • 5 Min. Lesezeit


Für einige von euch hat das neue Monat mit neuen Kolleg:innen begonnen – frisch diplomiert oder neue FAGE motiviert und bereit für den Pflegealltag.

Letzten Monat hat auf unserer Station eine ehemals Studierende angefangen. Das hat mich besonders gefreut. Wenn jemand nach der Ausbildung zurückkommt, spricht das für vieles: eine gute Begleitung, ein gutes Teamklima, Vertrauen. Solche Rückkehrer:innen sind für mich immer ein stilles Kompliment an das, was wir als Team aufgebaut haben.

In den letzten 1,5 Jahren sind es bereits 3 Studierende, die nach ihrer Ausbildung wieder zu uns gekommen sind – das zeigt, dass wir einen ziemlich guten Job machen.


Natürlich verändert sich ein Team im Laufe der Zeit. Manche bleiben, andere ziehen weiter. Andrea Preis zum Beispiel – vielen noch (un)bekannt – ist momentan auf einer beeindruckenden Reise. Sie ist bereits seit 150 Tagen unterwegs, läuft um die Welt, um auf Palliative Care, Hospizarbeit und mentale Gesundheit aufmerksam zu machen. Schaut mal rein: www.dreambigtoo.com. Andrea hat einmal gesagt: „Teams gedeihen, wenn wir sowohl das Abenteuer als auch die Routine annehmen.“ Ich finde, das trifft es ziemlich gut – denn genau diese Mischung macht Pflege aus.


Neue Gesichter treffen auf etablierte Typen

Wenn man neu in ein bestehendes Team kommt, trifft man schnell auf verschiedenste Charaktere. Und genau das macht unseren Beruf so besonders – manchmal herausfordernd, aber immer menschlich. Über die Jahre habe ich viele dieser Typen erlebt, einige schätzt man sofort, andere lernt man mit der Zeit zu verstehen. Hier ein paar Persönlichkeiten, denen ihr vielleicht auch bald begegnet – und wie man mit ihnen gut klarkommt.


Die Dienstplan-Akrobat:innen

Chronische Schichttauscher:innen gehören fast zu jedem Team. Sie behandeln den Dienstplan wie ein flexibles Strategiespiel. Kaum hängt der neue Plan, beginnt das Jonglieren: „Kannst du bitte nächste Woche die Frühschicht für mich übernehmen? Ich hab vergessen, dass mein Hund Geburtstag hat.“ Mein Tipp: freundlich bleiben, aber klar. Es ist vollkommen in Ordnung, Nein zu sagen. Und wenn man selbst mal in der Klemme steckt – wer weiss, vielleicht revanchiert sich genau diese Person. Es ist wichtig, nicht nur flexibel zu sein, sondern auch eigene Grenzen zu setzen.


Die Informationsdrehscheiben

Who does not like gossiping… ich nicht. Tratscher:innen wissen alles – wer sich trennt, wer kündigt, wer Ärger mit der Stationsleitung hatte. Anfangs ist das oft unterhaltsam, aber Vorsicht: Wer über andere redet, redet vielleicht auch über dich. Wenn das Gespräch zu persönlich wird, hilft ein einfaches: „Lass uns lieber über Lösungen sprechen als über Gerüchte.“ Wenn es zu toxisch wird, ziehe klare Grenzen oder beende das Gespräch höflich. Manchmal hilft es, das Gespräch auf die Arbeit zu lenken, anstatt sich in Privates zu verstricken.


Die rastlosen Überflieger:innen

Überflieger:innen sind überall aktiv: Zusatzprojekte, Fortbildungen, ein Triathlon nebenbei und super Engagement im Team – sie sind kaum zu bremsen. Ich bewundere ihren Einsatz ehrlich. Aber ich habe auch gelernt: Ich muss nicht mithalten. Es ist vollkommen in Ordnung, den eigenen Rhythmus zu haben und sich nicht unter Druck setzen zu lassen. Wenn diese Kolleg:innen allerdings anfangen, Aufgaben an andere weiterzureichen, darf ein klares Nein kommen. Wichtig ist, sich selbst nicht unter Stress zu setzen und sich zu erinnern, dass man nicht alle Bälle gleichzeitig in der Luft halten muss.


Die Beinahe-Ärzt:innen

Dann gibt es noch die „Ich-hätte-eigentlich-Ärzt:in-sein-sollen“-Pflegenden. Fachlich stark, sehr engagiert, und manchmal etwas zu sehr im Diagnosestil unterwegs. Sie kennen alle Chemo-Schemata und wehe, eine unerfahrene Assistenzärzt:in verordnet etwas Falsches – bis geht nicht mehr wird diskutiert. Diskussionen mit dem ärztlichen Dienst, ICD-Codes in der Pause, kritische Kommentare zu Therapieplänen – man kennt das.

Interprofessionelle Zusammenarbeit ist wichtig, aber nur, wenn jede:r die eigenen Grenzen respektiert. In solchen Situationen hilft ein ruhiges: „Lass uns das gemeinsam mit dem ärztlichen Team besprechen.“ Und manchmal ist es wichtig, eine Pause von der Diskussion zu nehmen und mit einem Lächeln zurückzukommen.


Die chronisch Frustrierten

Dauerfrustrierte Kolleg:innen begegnen uns ebenfalls häufig. Alles ist schlecht: das neue Dokumentationssystem, der NANDA-LEP-Katalog, die Einarbeitungspläne, die Dienstzeiten. „Früher war alles besser!“ – diesen Satz habe ich oft gehört. Was helfen kann: Zuhören, wenn die Kritik berechtigt ist. Oder gezielt fragen: „Was würdest du konkret verbessern?“ Denn manchmal steckt in der Unzufriedenheit auch eine wertvolle Beobachtung. Und wenn es nur destruktiv bleibt – sich innerlich abgrenzen und z. B. nach der Schicht einen Spaziergang machen. Es ist wichtig, eine Balance zu finden zwischen Empathie und der Wahrung der eigenen Energie.


Die Mentor:innen

Zu meinen Lieblingsmenschen im Team gehören die Mentor:innen. Sie helfen selbstverständlich und ohne großes Aufheben, begleiten neue Kolleg:innen mit Ruhe und Erfahrung. „Komm, ich zeig dir einen Trick bei der Doku – das spart dir Zeit.“ Solche Menschen sind unbezahlbar. Ich nehme mir bewusst Zeit, ihnen Danke zu sagen, nach ihren Erfahrungen zu fragen und zuzuhören – von ihnen kann man unglaublich viel lernen. Sie sind die stillen Held:innen, die das Team zusammenhalten.


Die leisen Stabilisator:innen

Ruhige Stabilisator:innen sind oft introvertiert, treten nicht in den Vordergrund, aber sie sind absolut verlässlich. Wenn es brenzlig wird, behalten sie den Überblick und handeln entschlossen – ganz ohne Drama. Ich erinnere mich an Situationen, in denen alle unruhig wurden, während eine ruhige Person souverän alles klärte. Ihre Stimme im Teammeeting ist vielleicht leise, aber sie hat Gewicht. Es ist wichtig, dass auch diese Stimmen gehört werden. Oft sind es genau diese Menschen, die bei Krisen den klaren Kopf bewahren und das Team zusammenhalten.


Vielfalt als Stärke

Was ich über die Jahre gelernt habe: Diese verschiedenen Typen machen ein Team nicht chaotisch – sie machen es lebendig. Überflieger:innen bringen Innovation, Tratscher:innen sorgen (manchmal unfreiwillig) für Kommunikation, Stabilisator:innen bringen Ruhe, Mentor:innen stiften Sinn, Frustrierte erinnern uns daran, was verbessert werden kann – wenn wir bereit sind, hinzuhören.


Gute Teams leben von dieser Vielfalt. Und gute Führung erkennt, wer wo steht, verhindert Überlastung und fördert Balance. Kommunikation ist dabei der Schlüssel. Ich-Botschaften wie: „Ich fühle mich überrumpelt, wenn der Dienstplan ständig wechselt“ wirken oft stärker als jedes Augenrollen. Und auch Selbstfürsorge gehört unbedingt dazu: mal abschalten, reflektieren, raus an die frische Luft oder sich ganz bewusst eine ruhige Tasse Tee gönnen. Nur so bleibt die Energie im Team erhalten.


Der Herzschlag des Teams

Am meisten schätze ich übrigens die Kolleg:innen, die Herz zeigen – durch kleine Gesten. Ein Lächeln zur richtigen Zeit, ein Kaffee in der Pause, ein ehrliches „Du machst das super“ nach einem fordernden Tag. Diese Menschen sind der Herzschlag des Teams. Nicht laut, nicht immer sichtbar – aber sie machen den entscheidenden Unterschied. Es sind diese Menschen, die das Team auch in schwierigen Zeiten zusammenhalten und die Atmosphäre positiv beeinflussen.


Und du?

Was sind die Typen, die dir im Berufsalltag begegnet sind? Welche Strategien helfen dir im Umgang mit ihnen?

Ich bin gespannt auf eure Erfahrungen – denn letztlich gilt:

Wir lernen nicht nur voneinander, sondern miteinander.


Schön, dass ihr da seid. Willkommen im Team.

 

 
 
 

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