Ich arbeite in einer onkologischen Abteilung eines Uni-Spital und glaub mir, das ist alles andere als ein Spaziergang. Von einem Patientenzimmer zum nächsten zu eilen, Dokumentationen zu erledigen und Medikamente zu holen, gehört bei mir zum Alltag. Mein Schrittzähler zeigt locker 13000 Schritte oder mehr – fast täglich.
Trotzdem merke ich, dass diese grosse Bewegungsmenge nicht automatisch fit hält: Mein Körper wird steif, die Muskeln schmerzen und mein Energielevel sinkt oft drastisch. Mit der Zeit wurde mir klar, dass ich bewusster mit meinem Körper umgehen muss – nicht nur, um in meinem Beruf leistungsfähig zu bleiben, sondern auch, um langfristig gesund zu sein.
In diesem Blogartikel möchte ich dir zeigen, welche kleinen, aber wirkungsvollen Routinen ich in meinen Arbeitstag eingebaut habe. Sie helfen mir, körperlich aktiver und mental ausgeglichener zu sein. Seitdem schlafe ich besser, habe weniger Rückenschmerzen und fühle mich insgesamt resilienter. Vielleicht ist ja auch für dich etwas dabei, das du in deinem Alltag umsetzen kannst.
Gerade in Pflegeberufen ist die körperliche und psychische Belastung enorm. Ständiges Stehen, Heben und Bücken können zu Rückenschmerzen, Verspannungen und Gelenkproblemen führen. Ausserdem haben Pflegende ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Bewegung ist hier eine wirksame Prävention und kann bereits bestehende Beschwerden lindern. Zusätzlich baut sie Stress ab und stärkt die psychische Widerstandsfähigkeit – ein wichtiger Faktor, um im Pflegealltag nicht auszubrennen.
1. Joggen: Der perfekte Start in den Tag
Eines der besten Dinge, die ich für mich entdeckt habe, ist das Joggen vor der Arbeit oder nach einer Frühschicht. Da ich auf dem Land wohne, geniesse ich die Ruhe und die Natur während meines morgendlichen Laufs. Klar, die Überwindung, früher aufzustehen, war gross, doch schon 20–30 Minuten Laufen geben mir das Gefühl, etwas für mich getan zu haben, bevor der Arbeitstag richtig losgeht.
Nach der Frühschicht laufe ich manchmal direkt vom Spital aus hoch zum Zürichberg, weiter Richtung Zoo und wieder zurück. Diese Strecke ist ein super Cardio-Training – vor allem die ersten zwei Kilometer mit gut 200 Höhenmetern. Oben erwartet mich ein traumhafter Blick über Stadt, See und Berge. Besonders im Winter werde ich manchmal mit einem spektakulären Sonnenuntergang über dem Uetliberg belohnt. Ein unbeschreibliches Erlebnis, das mich jedes Mal aufs Neue motiviert.
Tipp: Wenn Joggen dir zu intensiv ist, probiere zügiges Gehen (Walking), Radfahren oder Schwimmen. Hauptsache, die Aktivität macht dir Spass und du kannst sie regelmässig ausüben.App-Empfehlung: „Couch to 5K“ führt dich schrittweise ans Joggen heran.
2. Dehnen: Kleine Routine, grosse Wirkung
In einer langen Schicht bleibt oft wenig Zeit für die eigene Fitness. Doch selbst wenige Minuten gezielter Dehnübungen wirken Wunder. Seit ich mich regelmässig dehne, habe ich deutlich weniger Nacken- und Rückenschmerzen.
Nackenentspannung
Neige den Kopf langsam zur Seite und halte die Position für etwa 10 Sekunden, dann wechsle die Seite.
Tipp: Schliesse dabei die Augen und atme tief ein und aus, um die entspannende Wirkung zu verstärken.
Rückenstreckung
Nach dem ständigen Bücken lege ich die Hände auf den unteren Rücken und lehne mich vorsichtig nach hinten. Das lockert die Wirbelsäule und entlastet den unteren Rücken.
Tipp: Führe die Dehnung langsam und kontrolliert aus, ohne ruckartige Bewegungen.
Schulterkreisen
Beim Warten auf den Computer kreise ich die Schultern langsam nach vorne und hinten. Das löst Verspannungen und fördert die Durchblutung.
3. Schritte bewusst nutzen
13000 Schritte pro Tag sind beachtlich, doch du kannst diese Bewegung noch effektiver gestalten:
Treppensteigen
Statt den Aufzug zu nehmen, steige ich so oft wie möglich Treppen. Das stärkt die Beinmuskulatur und kurbelt den Kreislauf an. Seit ich das konsequent durchziehe, hat sich meine Kondition merklich verbessert.
Schnelles Gehen
Auf langen Abteilungfluren lege ich zwischendurch kurze Sprints ein – nicht zu schnell, aber zügig genug, um den Puls etwas hochzutreiben.
Arbeiten im Stehen
Bei uns gibt es höhenverstellbare Schreibtische. Anfänglich war das ungewohnt, aber inzwischen arbeite ich häufig stehend. Das verbessert meine Haltung und ich fühle mich deutlich wacher.
Tipp: Falls dein Tisch nicht höhenverstellbar ist, wechsle regelmässig zwischen Sitzen und Stehen, um Rücken und Beine zu entlasten.
4. Kurze Kräftigungsübungen zwischendurch
Selbst in stressigen Schichten kann ich mir ein paar Minuten für einfache Übungen nehmen – direkt auf Station:
Wand-Liegestütze
An einer stabilen Wand trainiere ich meinen Oberkörper, ohne zu sehr ins Schwitzen zu geraten. Die Arm- und Brustmuskulatur wird angenehm gefordert.
Kniebeugen mit Stuhl
Bevor ich mich hinsetze, halte ich kurz in der Hocke inne und richte mich dann wieder auf. Das trainiert Oberschenkel und Gesäss.
Wadenheben
Während ich auf ein Gerät oder den Aufzug warte, stelle ich mich auf die Zehenspitzen und senke mich langsam wieder ab. Eine einfache, aber sehr effektive Übung.
Tipp: Wer es anspruchsvoller mag, kann das Wadenheben einbeinig durchführen.
5. Momente der Achtsamkeit
Unser Uni-Spital bietet eine tolle Aussicht auf Berge und See. Wann immer ich kann, nehme ich mir ein paar Minuten, um diese Aussicht zu geniessen – sei es der Sonnenaufgang während der Frühschicht oder der Sonnenuntergang am Nachmittag. Diese kurzen Augenblicke der Achtsamkeit helfen mir, Stress loszulassen und mich neu zu fokussieren.
Achtsamkeitsübung: Bewusstes Atmen
Setze oder stelle dich bequem hin.
Schliesse, wenn möglich, die Augen.
Atme tief durch die Nase ein (zähle bis vier).
Halte den Atem kurz an.
Atme langsam durch den Mund aus (zähle bis sechs).
Wiederhole die Übung fünfmal.
6. Pausen sinnvoll gestalten
In einer vollen Schicht ist die Pause oft knapp, daher nutze ich diese Zeit besonders bewusst:
Powernaps
Unsere Klinik hat einen Ruheraum, in dem ich in meiner Mittagspause ein kurzes Nickerchen mache. Mit Noise-Cancelling-Kopfhörern und Theta-Wellen-Musik komme ich schnell zur Ruhe und fühle mich danach erholt.
Tipp: Stelle dir den Wecker auf maximal 30 Minuten, um nicht in eine Tiefschlafphase zu fallen.
Ausreichend trinken und gesunde Snacks
Ich habe eine grosse Trinkflasche dabei, um sicherzustellen, dass ich über den Tag verteilt genug Wasser zu mir nehme.
Für zwischendurch habe ich gerne Nüsse oder Obst griffbereit, auch wenn es schwer ist, den süssen Versuchungen (z.B. Schokolade von Patienten oder Pharmafirmen) zu widerstehen. Mit etwas Disziplin gelingt es aber, Heisshungerattacken vorzubeugen und das Energielevel konstant zu halten.
7. Motivation im Team
Gemeinsam fällt es viel leichter, am Ball zu bleiben. Wenn ich meine Kolleginnen und Kollegen einbinde, machen wir manchmal kurze Dehnübungen zusammen oder teilen Trainings-Tipps für den Arbeitsalltag. Das stärkt nicht nur den Teamgeist, sondern hilft uns allen dabei, gesund und fit zu bleiben. Erst kürzlich hat eine Kollegin mir stolz ihre erste „After-Work-Walk“-Statistik geschickt – es fühlt sich super an, sich gegenseitig zu motivieren
Fazit: Kleine Schritte, grosse Wirkung
Die Arbeit auf einer Spitalstation ist körperlich und emotional fordernd. Doch ich habe gelernt, dass selbst kleine Veränderungen im Alltag einen enormen Unterschied machen. Ob Dehnen, Joggen, bewusste Pausen oder kurze Kräftigungsübungen – all diese Massnahmen summieren sich zu einem spürbar besseren Körpergefühl.
Wenn du auch einen anspruchsvollen Job hast, probier es aus: Fang mit kleinen Schritten an, finde Routinen, die zu deinem Alltag passen, und vergiss nie, dass du es dir wert bist, dich um deine eigene Gesundheit zu kümmern. Denn nur wenn es dir gut geht, kannst du langfristig für andere da sein.
Mit meinem Beitrag möchte ich dir eine Auswahl an Möglichkeiten aufzeigen, damit du lange gesund und leistungsfähig bleibst. Die Idee ist nicht, dass du sofort alles umsetzt. Schon kleine Veränderungen können Grosses bewirken. Bereits wenn du einzelne Anregungen in deiner Routine einbaust und diese jeden Tag wiederholst, wirst du eine Veränderung in deinem Wohlbefinden spüren.
Ich hoffe, dieser Artikel hilft dir, noch mehr Motivation und Inspiration zu finden, um auch in anspruchsvollen Pflege- und Gesundheitsberufen fit und voller Energie zu bleiben.
Meine Top 3 Take-Aways
Jede Bewegung zählt: Selbst kleine Aktivitäten wie Treppensteigen oder Dehnübungen können eine grosse Wirkung haben.
Bewusste Pausen: Nutze Pausen für Erholung und neue Energie – etwa durch Powernaps oder Achtsamkeitsübungen.
Team-Motivation: Gemeinsam mit Kolleg:innen bleibt man leichter dran und unterstützt sich gegenseitig.
Welche Strategien nutzt du, um in einem stressigen Berufsalltag fit und gesund zu bleiben?Teile deine Erfahrungen und Tipps gern in den Kommentaren
© 2025, Ignatius ounde