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Stationführung, die trägt – Leadership auf KMU-Niveau

  • Autorenbild: ignatius ounde
    ignatius ounde
  • 17. Okt.
  • 4 Min. Lesezeit

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Montage sind mein Lieblingstag der Woche – nicht nur, weil ich an diesem Tag meine Kinder bei mir habe, sondern auch, weil dieser Tag eine besondere Energie in sich trägt. Ja, am Sonntagabend schleicht sich manchmal ein Hauch von Monday Blues ein. Und doch spüre ich am Montagmorgen diesen Energieschub, der mich antreibt.

In fast jedem Haus, in dem ich gearbeitet habe, herrscht an diesem Tag programmiertes Chaos: Jemand fehlt, Material steckt in der Logistik fest, ein digitales Tool streikt.

Wer verstehen will, wie eine Station wirklich funktioniert, sollte den Montagmorgen beobachten. Er ist der Stresstest der Teamkultur. Da zeigt sich, ob ein Team harmoniert oder auseinanderdriftet, ob gemeinsame Leitplanken tragen oder Einzelaktionen überhandnehmen. Ein Montagmorgen offenbart, ob wir einander vertrauen, Verantwortung teilen und als Einheit reagieren. Dann wird geflucht, bei manchen explodiert die kurze Zündschnur – und die Stimmung kippt. Genau hier zeigt sich, was Führung wirklich bedeutet.

 

Ruhe bewahren – und führen, nicht nur leiten

Wer den BLS-Kurs absolviert hat, kennt das Reanimations-Mantra: Ruhe bewahren. Ich habe Stationsleitungen erlebt, die genau das vorleben – und allein durch ihre Haltung den Puls der gesamten Schicht senken. Forschung bestätigt diesen Zusammenhang: Relationale Führungsstile, die auf Vertrauen, Unterstützung und Verbundenheit setzen, verbessern nachweislich Zufriedenheit, Stabilität und Effektivität im Team.

Die Aufgaben einer Stationsleitung reichen heute weit über Dienstpläne und Schichteinteilungen hinaus. Dazu gehören Bewerbungsgespräche, Mitarbeiterentwicklung, Qualitätsstandards, Bettensteuerung, Wirtschaftlichkeit – und weiterhin Pflege am Bett.Tatsächlich leiten viele Stationsleitungen Teams mit bis zu 50 Pflegenden. Verantwortung auf KMU-Niveau – und das Tag für Tag.

Starke Stationsleitungen sind Puffer nach oben, Übersetzerin nach unten, Coach zur Seite – und bleiben gleichzeitig nah am Bett. An einem typischen Montag braucht es Präsenz und Ordnung. Der Blick von oben: Was ist in den nächsten zwei Stunden kritisch? Dann folgt das Handeln – Ressourcen verschieben, den Skill-Mix nutzen, Schnittstellen aktiv anrufen, Kommunikation schlank halten. Das Team muss spüren: Jemand führt mit Klarheit, nicht mit Hektik.

 

Gerechtigkeit im Alltag: Transparent und menschlich

Gute Führung bedeutet Transparenz – besonders, wenn unpopuläre Vorgaben vom Management kommen. Keine Beschwichtigung, sondern Klartext: Was ist fix, was bleibt verhandelbar, und was können wir gemeinsam gestalten? Authentische Führung, die auf Transparenz, Selbstreflexion und Fairness basiert, hat laut Studien direkten Einfluss auf Motivation, Empowerment und die wahrgenommene Gerechtigkeit im Team.

Fairness zeigt sich auch im Dienstplan. Ein Beispiel: Eine Stationsleitung verschob Dienste, damit ein Vater am Schulkonzert seines Kindes teilnehmen konnte – im Gegenzug übernahm er zwei Spätdienste im Folgemonat. Das Team verstand: Gleichbehandlung bedeutet nicht gleiche Lösung.Das Gegenteil kenne ich auch: Kaum ist der Plan draussen, beginnt der wilde Tausch – das Original ist bald obsolet. Die Folge: Frust, Unruhe, Fluktuation. Kein Wunder, dass viele Pflegende zu Temporärbüros wechseln, wo sie ihre Einsätze selbst bestimmen können.

Inzwischen testen manche Häuser Selbstplanungs-Apps, die zu mehr Beteiligung führen. Studien zeigen jedoch, dass Selbstplanung nur funktioniert, wenn Eigeninteresse und Stationsbedarf im Gleichgewicht bleiben. Gute Führungskräfte schaffen diesen Rahmen – zwischen Autonomie, Teamverantwortung und Versorgungsrealität.

 

Klartext auf der Fläche

Leitungen, die mehr tun als Formulare abzeichnen, sind Motoren für Qualität, Zufriedenheit und Patientensicherheit. Sprache ist dabei zentral: klar, konkret, prägnant. Aufträge lauten nicht „könntest du mal“, sondern „wer – was – bis wann“. Das schafft Tempo und Orientierung. Gute Führung zeigt Konsequenz ohne Härte: Regeln gelten verlässlich, Ausnahmen sind begründet und transparent.

Vertrauen entsteht auch durch Mitgehen. Ich erinnere mich an eine Leitung, die eine Sitzwache übernahm, weil niemand frei war – und ihre Büroarbeit vom Laptop aus erledigte. Dieses Mit-anpacken stiftet Glaubwürdigkeit – bei Team und Patientinnen.

 

Entwickeln statt verwalten

Der grösste Hebel liegt in der Entwicklung von Menschen, nicht in Verwaltung. Individuelle Lernziele, kontinuierliches Feedback und klar sichtbare Entwicklungspfade machen Leistung reproduzierbar und fördern Bindung. Transformational orientierte Führung steigert nachweislich Motivation, Kompetenzentwicklung und Mitarbeiterbindung. Motivation und Ermutigung sind keine Kür – sie sind Pflicht.

 

Shared Governance: Verantwortung dort, wo Wirkung entsteht

In gut geführten Teams treffen sich Mitarbeitende regelmässig, entscheiden mit über Projekte und Qualitätsziele und reflektieren ihre Praxis. Shared Governance verankert Verantwortung dort, wo Pflege tatsächlich wirkt – am Bett. Forschung aus der Pflegepraxis zeigt, dass diese Form kollektiver Entscheidungsfindung die Bindung und Innovationskraft spürbar stärkt

Menschen fühlen sich repräsentiert, Ownership entsteht, Bindung wächst. Keine „Könige“, sondern Teams, die gemeinsam führen.

 

Ich komme selbst vom Bett – und weiss: Wenn ein Montag zu kippen droht, zählt vor allem eines – Haltung.Ruhe bewahren, den Takt halten, Orientierung geben.Qualität entsteht nicht im Organigramm, sondern dort, wo Pflege wirkt.Führung, die trägt, ist keine Funktion – sie ist Haltung.

 

Quellen

  1. Cummings, G. G. et al. (2018). Leadership styles and outcome patterns for the nursing workforce and work environment: A systematic review. Int J Nurs Stud, 85, 19–60.pubmed.ncbi.nlm.nih

  2. Wong, C. A., & Laschinger, H. K. S. (2013). Authentic leadership, performance, and job satisfaction: The mediating role of empowerment. J Adv Nurs, 69(4), 947–959.sciencedirect

  3. Bailyn, L., Collins, R., & Song, Y. (2007). Self-scheduling for hospital nurses: An attempt and its difficulties. J Nurs Manag, 15(1), 72–77.

  4. Fründt, D., & Klinke, S. (2022). Shared Governance in der Pflegepraxis: Chancen und Herausforderungen. Pflegewissenschaft, 24(12), 665–673.

  5. Goens, B., & Giannotti, N. (2024). Transformational Leadership and Nursing Retention: An Integrative Review. Nursing Management Review, PMC11283332.

  6. Lavoie-Tremblay, M. et al. (2020). Transformational and empowering leadership practices: Influences on the development of nurse leaders and retention. J Nurs Manag, 28(3), 482–491.

  7. Universitätsklinikum Regensburg (2025). Shared-Governance-Modell stärkt Pflegepraxis und Führungskultur.


 

 
 
 

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